BBS – Duderstadt beteiligt sich am Pilotprojekt der HAWK
Eichsfelder Tageblatt vom 18.04.2018, Forum Eichsfeld
Virtuelles Klassenzimmer im Praxistest
Von Britta Eichner-Ramm/Christoph Höland
Daniela Blanke, Referentin des Institus für Lerndienstleistungen der FH Lübeck, zeigt im PC-Pool der HAWK in Holzminden, das möglich ist.
Foto: HAWK
Wie lässt sich wohnortnahe duale Berufsausbildung durch digitale Lernszenarien sichern? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Pilotprojektes der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen.
„Ich hoffe, dass wir damit langfristig wieder mehr Menschen für betriebliche Ausbildungen begeistern können“, sagte Duderstadts BBS-Schulleiterin Sabine Freese über „Blended Learning“, das im vergangenen Jahr von den Auszubildenden zu Groß- und Einzelhandelskaufleuten an ihrer Schule getestet worden war.
Aus Freeses Sicht bietet der dezentrale Unterricht vor allem für den ländlichen Raum Chancen. Denn durch den demografischen Wandel würden Klassen immer kleiner, durch Schulzusammenlegungen verlängerten sich zugleich die Anfahrtswege zur Schule. Wenn die dank der Digitalisierung teilweise wegfielen, sei das gut für die Attraktivität – auch weil der klassische Berufsschultag in der Woche durch ein flexibleres System mit der digitalen Lernplattform ersetzt werden könnten. „Wir treffen den Nerv unserer Zeit“, sagte Freese deshalb.
Die angehenden Groß- und Außenhandelskaufleute der BBS Duderstadt hatten das virtuelle Klassenzimmer getestet und per Mikrofon und Webcam gemeinsam Aufgaben gelöst. Nach einem
halben Jahr zeigte sich nach Angaben von Lehrer Gerrit Klinge: „Das muss sich noch einspielen.“Der junge Wirtschaftspädagoge betreute den Pilotversuch an den BBS Duderstadt. Trotz der Probleme zeigte sich Klinge begeistert von „Blended Learning“. Während im Klassenzimmer der Lehrer für Disziplin sorgt, ist beim dezentralen Arbeiten Eigenverantwortung gefragt. Beim Testbetrieb sei das kein Thema gewesen, Klinge konnte jedem Schüler über die Schulter schauen.
Doch wenn es bei den Schülern zu Hause nicht klappte, hätten manche Schüler die streikende Technik als willkommene Ausrede für nicht-erledigte Hausaufgaben genutzt, sagte er im November. Andererseits habe die Klasse schon längst begonnen, das System selbst zu erkunden.
Erfahrungsberichte als Diskussionsgrundlage
Bei einer Tagung mit 120 Experten aus ganz Norddeutschland Anfang März an der HAWK in Holzminden bildeten Erfahrungsberichte erster Projekte der BBS Duderstadt, der BBS in Holzminden, der beruflichen Schulen Waren/Müritz und dem Berufsbildungszentrum Rendsburg- Eckernförde dabei die Diskussionsgrundlage. Zur Frage wie digitale Lernszenarien in die Lehre an Berufsschulen integriert werden können und damit duale Berufsausbildung auch in ländlichen Gebieten gesichert werden kann.
Gerrit Klinge und einige der Duderstädter Schüler hatten zusammen mit Schülern und Michael Schindewolf von den BBS Holzminden Einblicke in ihren Alltag digitaler Lernsequenzen in der
Ausbildung gegeben. Wie die HAWK im Nachgang der Tagung mitteilte, sind die Schüler bereit und kompetent für Digitalisierung. „Sie wünschen sich jedoch ausdrücklich keine zeitliche Flexibilisierung, sondern Lernen zu normalen Schulzeiten. Aber sie können sich vorstellen, von zu Hause aus zu lernen.“ Das Lernen in der ELearning- Phase würden die Schüler als Training des Zeitmanagements und der Selbstverwaltung sehen. Deutlich geworden sei bei der Konferenz, dass einzelne Schulen mit Einzelmaßnahmen Digitalisierungsprozesse in der Lehre nur begrenzt umsetzen könnten. Das sei aufgrund des Zeitaufwands und der Rahmeninfrastruktur nicht dauerhaft leistbar. Kooperationen sowie die Bildung eines Netzwerkes seien notwendig, Lehrkräfte in den Berufsbildenden Schulen wünschten sich zum Beispiel eine gemeinsam genutzte professionelle Lernplattform. Aus den Diskussionen im Rahmen der Tagung ist nach Mitteilung der HAWK deutlich geworden, dass auch die digitale Weiterbildung vor allem auch für Mitarbeiter kleiner und mittelständischer Unternehmen eine attraktive Perspektive darstellt.
Und auch aus Sicht der Wirtschaft werde die Etablierung digitaler Lernszenarien als dringend notwendig angesehen. „Denn digitale Lehre hat nicht nur organisatorische Vorteile, sondern die Wirtschaft braucht Auszubildende mit guter Methodenkompetenz und Routine in digitaler Informationsverarbeitung sehr dringend“, heißt es in der HAWK-Mitteilung weiter.
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