Deutsch-chinesisches Pilotprojekt an der BBS-Duderstadt
Eichsfelder Tageblatt vom 26.05.2016
Junge Chinesen büffeln in Duderstadt
Pilotprojekt an Berufsschule / Schüler absolvieren duale Ausbildung in Fahrzeugtechnik und wohnen im Jugendgästehaus
Wollen Kfz-Technik in Duderstadt lernen: Schüler aus China. Foto: Thiele
Duderstadt. Eine Schlüsselrolle spielt die Duderstädter Berufsschule bei der Integration von Flüchtlingen und dem Einstieg ins Berufsleben. Inzwischen sind dort vier Sprachförderklassen eingerichtet. Unabhängig davon wird an der Schule auch noch ein deutsch-chinesisches Pilotprojekt angesiedelt.
Die Vorhut ist bereits da. Vier junge Chinesen lernen seit wenigen Wochen an der Volkshochschule Göttingen-Osterode in Duderstadt Deutsch. Nach den Ferien beginnen sie eine duale Ausbildung an der Berufsfachschule Fahrzeugtechnik, wo sie auch ihre Gesellenprüfung ablegen können. Vermittelt wurde das Probejahr von Projektmanager He Salamon von der Göttinger Anmeng GmbH, die Schüler von Geschäftsführer Yongrui Li rekrutiert. Neben Im- und Export fördert und organisiert das Dienstleistungsunternehmen Austausch- und Bildungsprogramme und berät andere Firmen bei Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Volksrepublik China und Europa. Involviert in das Projekt ist auch die Handwerkskammer Hildesheim.
Auf die Duderstädter Berufsschule ist Salamon durch einen Zeitungsartikel aufmerksam geworden. Zwei Jahre hat es gedauert, bis alle Hürden genommen waren und die Idee umgesetzt werden konnte. „Für Studenten und Erwachsene gibt es schon zahlreiche Austauschprogramme mit China“, sagt Berufsschulleiterin Sabine Freese: „Jetzt absolvieren junge Chinesen erstmals eine duale Ausbildung in Deutschland.“ Lernorte sind dabei die Schule und Betriebe. Dort sollen die Schüler ihre Ausbildung im dualen System fortsetzen, um dann später in Deutschland oder China zu arbeiten. Wie in Deutschland gebe es inzwischen auch in China einen Fachkräftemangel in technischen Berufen, sagt Salamon. „Die Idee der deutschen dualen Ausbildung ist in China der Hit“, ergänzt Freese. Die stellvertretende Anmeng-Geschäftsführerin Dr. Xiaojing Wang bekräftigt das: „Das Ausbildungssystem ist ein nationaler Schatz Deutschlands.“
Um von dem zu profitieren, müssen Lan Wang (19), Zhe Wei (18), Yong Kang Shen und Qi Guo (beide 16) erst einmal Deutsch büffeln. Die Latte hängt hoch. In wenigen Monaten sollen sie die Sprache, die sie für den Unterricht brauchen, beherrschen. Bernadett Lambertz und Maria Müller von der Volkshochschule haben keine Zweifel, dass ihnen das gelingt. „Sie machen rasch Fortschritte“, sagt Müller.
Das Mädchen und die drei Jungen aus China leben in einer Wohngemeinschaft im Jugendgästehaus und haben im beschaulichen Duderstadt einen positiven Kulturschock erlebt. „Die Menschen hier sind sehr warm und herzlich“, schwärmt Lan Wang. Ebenso begeistert ist sie von der „wunderschönen Landschaft“ – und hat auch schon einen Regenbogen fotografiert. In Peking, wo sie sonst lebt, ist das wegen des Smogs nicht möglich.
Von Kuno Mahnkopf